GESCHICHTE

Die Restpfennigaktion sammelte deutschlandweit von 1998-2002 brachliegendes ökonomisches und geistiges Kapital in Form von übrigen Pfennigen sowie Ideen und Wünschen. Insgesamt 13 Tonnen Münzen wurden in öffentlichen Sammelstellen auf dem Alexanderplatz in Berlin, in München (Marienplatz), Nürnberg (Königstrasse), Würzburg (Stadtbibliothek), Weimar (ACC-Galerie), Köpenick (FEZ) sowie Tausenden von privaten Sammelboxen zusammengetragen. 1.601 Ideen und Wünsche gingen als Briefe, E-Mails und Interviews ein.

Teil des Konzeptes war es, dass die TeilnehmerInnen entschieden, was mit dem Restpfennigberg geschehen soll. 1.087 Personen bewarben sich, um Teil der Entscheidungskommission zu werden. Zwölf Personen wurden Anfang April 2002 per Losverfahren eingeladen, darüber zu bestimmen, welche der 1.601 Ideen und Wünsche mit dem Restpfennigberg realisiert werden sollen.

Die Kommission tagte an 2 Wochenenden im Mai und Juni 2002 in der ACC-Galerie in Weimar. Nachdem sie gemeinsam einen Kriterienkatalog erarbeitet hatten, entschieden sich zur Realisation von 3 Projekten aus dem Ideen- und Wünschepool.

Im Juni und Juli 2002 wurden alle Sammelstellen entleert, die Münzen öffentlich sortiert und zum Auszählen zu den jeweiligen Bundesbanken gebracht. Insgesamt haben sich an dem Kunstprojekt in den viereinhalb Jahren neben den Hunderttausenden von Pfennigspendern und 1.601 "Ideenschenkern" schätzungsweise 500 Personen aktiv helfend beteiligt. Etliche Institutionen, Behörden, Jurien, EntscheidungsträgerInnen und Privatpersonen haben diese Aktion möglich gemacht.

An dieser Stelle möchte ich, bevor ich den Verlauf der Aktion beschreibe, kurz etwas zur Vorgeschichte und zum Anliegen der Restpfen-nigaktion sowie meinem Kunstbegriff erzählen. Mir wurde oft die Frage gestellt: Warum machst du als bildende Künstlerin so eine Arbeit? Was hat das mit Kunst zu tun?

Ich habe von 1990-96 an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg Kunst studiert. 1996 habe ich mit einem Meisterschülertitel abgeschlossen. Im Laufe meines Studiums hat sich meine Arbeit immer mehr vom klassischen Produzieren ästhetischer Unikate in den Außenraum entwickelt. Für mich wurde die Frage sehr wichtig, welche Aufgabe Kunst in dieser Gesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts haben könnte. Mit dem Bild des Genies an der Spitze der Pyramide konnte und kann ich mich nicht identifizieren, vielmehr interessiert mich mehr der 360° Fokus auf diese Gesellschaft, als Teil davon. Kunst ist für mich eine Arbeit mit dem Anspruch, Einfluß auf die Gestaltung und Modifizierung unserer Umgebung zu nehmen und somit eine Relevanz in der Gesellschaft aufzuzeigen. Intensiv habe ich mich unmittelbar nach dem Studium mit diesem Kunst- und Arbeitsbegriff auseinandergesetzt in einem Buchprojekt, zu dem Christina Jacoby und ich als Ko-Kuratorinnen geladen worden waren. 1997 veröffentlichte das Institut für moderne Kunst Nürnberg das Jahrbuch "Walking through society", in dem in 15 künstlerische Positionen zu gesellschaftlichem Handeln vorgestellt wurden.

Die Restpfennigaktion ist mein künstlerischer Versuch, die Verantwortung für "die Zukunft, die wir haben oder nicht haben wollen, zum Gegenstand öffentlicher Diskurse zu machen." (Saage, Richard, 1997: Utopieforschung, eine Bilanz, Primus Verlag, S.7 )

Als Kunstprojekt im öffentlichen Raum befragte die Restpfennigaktion drei Phänomene:

Dabei geht es mir in der Restpfennigaktion nicht darum, als Künstlerin stellvertretend für andere mit meinem "kreativen Potential" Entwürfe und Vorschläge machen, vielmehr eine Struktur/Plattform zu schaffen, auf der Menschen ihr "kreatives Potential", ihre brachliegenden Ideen und Wünsche in einen öffentlichen Diskurs bringen können. Kunst ist für mich dann interessant und gut, wenn es Wahrnehmung verändert, wenn man Welt hinterher vielleicht ein Stück weit anders betrachten kann als vorher. Es geht darum, eine Idee, ein Gedanke oder Gefühl so ernst zu nehmen, dass man es in eine materielle Form bringen möchte. Die Form folgt der Idee. Deshalb ist bei mir die Form nie abhängig von einem bestimmten Material sondern von der dahinter liegenden Idee.

ALS SIE EIN KIND WAR UND IHRE MUTTER ZU IHR SAGTE, SIE HÄTTE SORGE, WAS AUS IHR WERDEN SOLLE, DACHTE PETRA SICH, SIE WÜRDE VON JEDEM BÜRGER EINEN ÜBRIGEN PFENNIG EINSAMMELN, VON HAUS ZU HAUS ZIEHEN UND ALLE MENSCHEN UM EINEN ÜBRIGEN PFENNIG AUS IHREM PORTEMONNAIE BITTEN. SO HÄTTE SIE IMMER GENUG ZU ESSEN, KÖNNTE ÜBERLEBEN. SIE WÜRDE SOGAR REICH. Diese Geschichte wurde mir 1997 von einer Freundin erzählt und hat mich so begeistert, dass sie zur Initialzündung der Restpfennigaktion wurde.

Die Frage, ob es solche Reste in Form von Pfennigen und brachliegenden Ideen existierte, stellte ich 1998 in einer Ausstellung als künstlerisches Konzept in den Raum gestellt habe.

Mir ging es darum herauszufinden, ob diese einfache, archaische Kinderidee soviel Begeisterung auslöst, das Menschen bereit sind, diese Geste zu vollziehen: Aus vielen kleinen Pfennigen, die alleine nichts wert sind, ein gemeinsamen Größeres wachsen lassen zu lassen.

Was ist die Verbindung zwischen Geld und Wünschen bzw. Ideen? Geld ist die wohl größte, weltweite soziale Vereinbarung, die existiert. Wir haben alle fast täglich mit diesem Phänomen zu tun. Geld ist mehr als die Vereinbarung eines Tausches zwischen einer Sache x und Metallmünzen, Papierscheine, Plastikkarten... Geld ist auch ein Träger für zukünftige Ideen und Pläne, für Immaterielles. Man kann das immer dann erfahren, wenn beispielsweise Geld für etwas in der Zukunft Liegendes gespart oder angelegt wird. Geld ist ähnlich wie Kunst ein Medium der Kommunikation zwischen Menschen und funktioniert solange, wie wir alle daran glauben und uns an die Vereinbarungen in der Handhabung halten.

Restpfennigaktion

GESCHICHTE

Die Restpfennigaktion sammelte deutschlandweit von 1998-2002 brachliegendes ökonomisches und geistiges Kapital in Form von übrigen Pfennigen sowie Ideen und Wünschen. Insgesamt 13 Tonnen Münzen wurden in öffentlichen Sammelstellen auf dem Alexanderplatz in Berlin, in München (Marienplatz), Nürnberg (Königstrasse), Würzburg (Stadtbibliothek), Weimar (ACC-Galerie), Köpenick (FEZ) sowie Tausenden von privaten Sammelboxen zusammengetragen. 1.601 Ideen und Wünsche gingen als Briefe, E-Mails und Interviews ein.

Teil des Konzeptes war es, dass die TeilnehmerInnen entschieden, was mit dem Restpfennigberg geschehen soll. 1.087 Personen bewarben sich, um Teil der Entscheidungskommission zu werden. Zwölf Personen wurden Anfang April 2002 per Losverfahren eingeladen, darüber zu bestimmen, welche der 1.601 Ideen und Wünsche mit dem Restpfennigberg realisiert werden sollen.

Die Kommission tagte an 2 Wochenenden im Mai und Juni 2002 in der ACC-Galerie in Weimar. Nachdem sie gemeinsam einen Kriterienkatalog erarbeitet hatten, entschieden sich zur Realisation von 3 Projekten aus dem Ideen- und Wünschepool.

Im Juni und Juli 2002 wurden alle Sammelstellen entleert, die Münzen öffentlich sortiert und zum Auszählen zu den jeweiligen Bundesbanken gebracht. Insgesamt haben sich an dem Kunstprojekt in den viereinhalb Jahren neben den Hunderttausenden von Pfennigspendern und 1.601 "Ideenschenkern" schätzungsweise 500 Personen aktiv helfend beteiligt. Etliche Institutionen, Behörden, Jurien, EntscheidungsträgerInnen und Privatpersonen haben diese Aktion möglich gemacht.

An dieser Stelle möchte ich, bevor ich den Verlauf der Aktion beschreibe, kurz etwas zur Vorgeschichte und zum Anliegen der Restpfen-nigaktion sowie meinem Kunstbegriff erzählen. Mir wurde oft die Frage gestellt: Warum machst du als bildende Künstlerin so eine Arbeit? Was hat das mit Kunst zu tun?

Ich habe von 1990-96 an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg Kunst studiert. 1996 habe ich mit einem Meisterschülertitel abgeschlossen. Im Laufe meines Studiums hat sich meine Arbeit immer mehr vom klassischen Produzieren ästhetischer Unikate in den Außenraum entwickelt. Für mich wurde die Frage sehr wichtig, welche Aufgabe Kunst in dieser Gesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts haben könnte. Mit dem Bild des Genies an der Spitze der Pyramide konnte und kann ich mich nicht identifizieren, vielmehr interessiert mich mehr der 360° Fokus auf diese Gesellschaft, als Teil davon. Kunst ist für mich eine Arbeit mit dem Anspruch, Einfluß auf die Gestaltung und Modifizierung unserer Umgebung zu nehmen und somit eine Relevanz in der Gesellschaft aufzuzeigen. Intensiv habe ich mich unmittelbar nach dem Studium mit diesem Kunst- und Arbeitsbegriff auseinandergesetzt in einem Buchprojekt, zu dem Christina Jacoby und ich als Ko-Kuratorinnen geladen worden waren. 1997 veröffentlichte das Institut für moderne Kunst Nürnberg das Jahrbuch "Walking through society", in dem in 15 künstlerische Positionen zu gesellschaftlichem Handeln vorgestellt wurden.

Die Restpfennigaktion ist mein künstlerischer Versuch, die Verantwortung für "die Zukunft, die wir haben oder nicht haben wollen, zum Gegenstand öffentlicher Diskurse zu machen." (Saage, Richard, 1997: Utopieforschung, eine Bilanz, Primus Verlag, S.7 )

Als Kunstprojekt im öffentlichen Raum befragte die Restpfennigaktion drei Phänomene:

Dabei geht es mir in der Restpfennigaktion nicht darum, als Künstlerin stellvertretend für andere mit meinem "kreativen Potential" Entwürfe und Vorschläge machen, vielmehr eine Struktur/Plattform zu schaffen, auf der Menschen ihr "kreatives Potential", ihre brachliegenden Ideen und Wünsche in einen öffentlichen Diskurs bringen können. Kunst ist für mich dann interessant und gut, wenn es Wahrnehmung verändert, wenn man Welt hinterher vielleicht ein Stück weit anders betrachten kann als vorher. Es geht darum, eine Idee, ein Gedanke oder Gefühl so ernst zu nehmen, dass man es in eine materielle Form bringen möchte. Die Form folgt der Idee. Deshalb ist bei mir die Form nie abhängig von einem bestimmten Material sondern von der dahinter liegenden Idee.

ALS SIE EIN KIND WAR UND IHRE MUTTER ZU IHR SAGTE, SIE HÄTTE SORGE, WAS AUS IHR WERDEN SOLLE, DACHTE PETRA SICH, SIE WÜRDE VON JEDEM BÜRGER EINEN ÜBRIGEN PFENNIG EINSAMMELN, VON HAUS ZU HAUS ZIEHEN UND ALLE MENSCHEN UM EINEN ÜBRIGEN PFENNIG AUS IHREM PORTEMONNAIE BITTEN. SO HÄTTE SIE IMMER GENUG ZU ESSEN, KÖNNTE ÜBERLEBEN. SIE WÜRDE SOGAR REICH. Diese Geschichte wurde mir 1997 von einer Freundin erzählt und hat mich so begeistert, dass sie zur Initialzündung der Restpfennigaktion wurde.

Die Frage, ob es solche Reste in Form von Pfennigen und brachliegenden Ideen existierte, stellte ich 1998 in einer Ausstellung als künstlerisches Konzept in den Raum gestellt habe.

Mir ging es darum herauszufinden, ob diese einfache, archaische Kinderidee soviel Begeisterung auslöst, das Menschen bereit sind, diese Geste zu vollziehen: Aus vielen kleinen Pfennigen, die alleine nichts wert sind, ein gemeinsamen Größeres wachsen lassen zu lassen.

Was ist die Verbindung zwischen Geld und Wünschen bzw. Ideen? Geld ist die wohl größte, weltweite soziale Vereinbarung, die existiert. Wir haben alle fast täglich mit diesem Phänomen zu tun. Geld ist mehr als die Vereinbarung eines Tausches zwischen einer Sache x und Metallmünzen, Papierscheine, Plastikkarten... Geld ist auch ein Träger für zukünftige Ideen und Pläne, für Immaterielles. Man kann das immer dann erfahren, wenn beispielsweise Geld für etwas in der Zukunft Liegendes gespart oder angelegt wird. Geld ist ähnlich wie Kunst ein Medium der Kommunikation zwischen Menschen und funktioniert solange, wie wir alle daran glauben und uns an die Vereinbarungen in der Handhabung halten.

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